Sascha Funke

Auf Aix

Bass Boris Bode

Genex X

Genex 2

Nina Kraviz

Manche Dinge reagieren miteinander auf symbiotische Weise. Bestes Beispiel: Ein zurückhaltender elektronischer Klangkorpus, der Raum lässt für Gedankenspielereien; eine ätherische Stimme darin und darüber, die bunt ausmalt, was an sich musikalischen Silhouetten vor dem inneren Auge bildet. Sascha Funke setzt für seine erste EP seit den „Mango Remixes“ 2008 die Russin Nina Kraviz im besten Sinne eines Features ein. Die sehenswerte junge Dame hat bisher auf Rekids, B77 und Underground Quality veröffentlicht und personifiziert dabei eine seltene Ballung an Talenten: Sie singt, spielt und produziert gleichermaßen umwerfend gut. Es trifft hier also einer der prägnantesten Techno-Produzenten des Landes auf beträchtliches gesangliches Charisma. Das Ergebnis „Moses“ vermag in seiner musikalischen Kraft nicht nur das Meer zu teilen: Dürften sich Melancholiker beim Titeltrack zwischen Kraviz´ Andeutungen einer poetischen Meditation und dem eloquenten Spannungsbogen der erneut über jeden Zweifel erhabenen Produktion Funkes verlieren, könnten Abenteurer bei „Moses Bonus Version“ und seiner direkteren Gangart ein unstillbares Verlangen nach einer leistungsstarken Anlage und ihrer kompromisslosen Ausnutzung bekommen. Funke-Aficionados hingegen mag möglicherweise der improvisatorische Minimalismus von „Headphones“, der mit seinen vielschichtigen Vokalspuren und der hypnotischen Bass-Line elegant zwischen Aktion und Regeneration changiert, als besonders bemerkenswert erscheinen. Für manche Ästheten jedoch könnte der Remix von Stimming mit einer (wie war es anders zu erwarten?) grandios stimmungsvollen, charmant groovenden Interpretation des Titeltracks zum heimlichen Höhepunkt der Platte avancieren, weil seine Sounds klingen wie an einem sonnigen Sonntagnachmittag von einer Handvoll angetrunkener Jazzer eingespielt. Und so erscheinen die vier Tracks auf „Moses“ eben als die Produkte einer geglückten Symbiose: Größer als die Summe der Einzelteile. Und wie für einander geschaffen.

Moses

SASCHA FUNKE war fleißig in diesem Jahr. Neben diversen 12 Veröffentlichungen und Remixprojekten hat er in seinem neuen Studio sein zweites Album mit dem schönen Titel MANGO fertig gestellt. Sein halbjähriger Aufenthalt in Aix-en-Provence inspiriert ihn ganz offensichtlich immer noch. Und das ist auch gut so, denn das Album ist einfach nur großartig geworden. Gernot (der Modeselektorkahlkopf) findet, dass Mango das ausgereifteste ist was Sascha bisher gemacht hat. Gib mir die Scheibe gleich mal. Wie schon auf dem Vorgänger Bravo erwartet einen hier kein 08/15 Techno mit 140bpm, sondern ein frischer und direkter Sound, der gleich ins Ohr geht. Saschas Anspruch an Techno ist unter anderem Direktheit. Und die schafft er durch die Struktur seiner Titel. Mit jedem Lied kann man etwas verbinden. Seinen Stil hat er eindeutig gefunden, aber weder besteht Wiederholungsgefahr, noch tappt er in die Langeweilefalle. Im Gegenteil. Jeder Track überrascht. Mango stimmt einen zunächst ein, gewöhnt an die Emotionen, die die weiteren Titel hervorrufen werden. Das Ganze ist sozusagen das Warm-Up. Noch trinken alle entspannt ihr Bier, um dann spätestens beim zweiten Track aufzustehen und zu tanzen. We Are Facing The Sun hätte man nicht passender betiteln können, denn man hört Sonnenstrahlen die einem ins Gesicht scheinen. Um bei der Naturmetaphorik zu bleiben folgt mit Feather ein Lied, das die Elfen sprichwörtlich über die Wiese tanzen lässt. Darauf baut auch Take A Chance With Me auf, welches mit dem anschließenden Summer Rain den Spätsommer vertont. Für Double Checked hat Fritz Zander die Vocals geliefert. Aber bekommt beim Hören bitte keinen Schreck - er hat weder zuviel geraucht noch irgendeine bösartige Kehlkopfkrankheit. Sascha hat die Vocals einfach so lange bearbeitet bis sie zur Stimmung des Tracks passten. Und zugegeben - er würde Fritz darin auch nicht mehr erkennen. Neben Herrn Zander hat Sascha auch mit Fritz Kalkbrenner und TimTim bewährte Gastmusiker ins Boot geholt. TimTim hat für Mango, Feather und Chemin Des Figons in die Saiten gegriffen und mit seinem klaren Gitarrensound viel Raum für Gedanken geschaffen, deren Interpretation Sascha in seiner Musik Ausdruck verleiht. Mango legt niemanden fest. Ob Grillparty oder Undergroundrave spielt keine Rolle. Passend zur Grillparty ist der siebte Song Lotre (Mehr Fleisch). Hier baut sich der Bass wie die Glut langsam auf und gerät durch weitere Rhythmen und Sounds in den Hintergrund bis schließlich Saschas Vocals die Aufmerksamkeit auf sich ziehen und dem Song noch den letzten Schliff verpassen. Den französischen Titel Chemin Des Figons trägt der nächste Song auf dem Album, angelehnt an den Namen der Straße in der Sascha vor ziemlich genau einem Jahr in Aix-en- Provence gewohnt hat. Chemin bedeutet soviel wie Weg, und der ist so schön, dass man ihn am liebsten immer wieder laufen möchte. Auf dem letzten Titel, der einen perfekten Abschluss dieser musikalischen Reise markiert, kommt Fritz Kalkbrenner ins Spiel. Auf The Fortune Cookie Symphony beweist er einmal mehr seine Sänger- und Texterqualitäten. Ob dieses Stück dem Spielfilmklassiker  The Fortune Cookie von Billy Wilder aus dem Jahre 1966 gewidmet ist oder ob der gesungene Text schlicht und ergreifend so kitschig wie aus einem Glükskeks ist, spielt dabei keine Rolle. Sascha und Fritz harmonieren in diesem Stück genauso wie Jack Lemmon und Walter Matthau im Film. Matthau erhielt einen Oskar für seine Rolle. Wenn das mal nicht ein gutes Zeichen ist...

Mango

Kurz vor der Veröffentlichung seines zweiten Albums Mango (BPC 167 / VÖ: 11.02.2008) will SASCHA FUNKE scheinbar die Brisanz seines neuen Materials schon einmal zeigen. Mit DOUBLE-CHECKED erhalten wir einen Track des überaus gelungenen Albums schon einen Monat früher. Außerdem steuert Fritz Zander, der bei Double-Checked auch für die Vocals verantwortlich ist, einen wundeschönen Remix bei. Dunkel und nüchtern, aber nicht minimal wirkt das ganze bei Fritz. Auf verspielte Melodien verzichtet er fast ganz und konzentriert sich dafür umso mehr auf den Beat. Härter klingen die Sounds hier. Ein Track zu dem man folgenden Satz öfter hören dürfte: "Komm schon! Nur noch der eine Song... und dann gehen wir... wirklich!" Das das aber nicht ganz so einfach ist hört man spätestens bei SASCHA FUNKEs Original von DOUBLE-CHECKED. Hier wird man wohl genauso wenig auf die Idee kommen den Club zu verlassen wie bei Fritzes Remix. Saschas Version wirkt ruhiger und zurückgelehnter. Als ob die Zeit langsamer verstreichen würde und man die ganze Nacht in Gedanken vor sich hin tanzen könnte. Das kann man auch ohne weiteres - vorausgesetzt, der DJ hat Saschas nächste Nummer auch dabei: THE BALLERINA ist ein Track der fesselt und einen die Ohren spitzen lässt. Deep und verträumt, aber dennoch ganz locker und lässig klingt diese Nummer. Die Bassline lässt einen nun wirklich nicht mehr los, alle Überlegungen zu gehen sind wie weggeblasen - und aufeinmal ist es draußen hell, die Tanzfläche leert sich peu à peu. War das wirklich schon alles? wird man sich fragen und schonmal überlegen wo man die Afterhour verbringen kann...

Double Checked

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Auf Aix

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